HORBACH Sachverständigenbüro
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Schimmelpilz / Schimmelpilzschäden in Innenräumen


Haben wir verlernt zu bauen oder Wohnen wir wir heute anders?

Nach einer Studie der Friedrich Schiller Universität Jena aus dem Jahr 2003 sind in fast 22% der untersuchten Wohnungen sichtbare Schimmelpilzschäden gefunden worden. Aus diesseitiger Sicht als Sachverständiger kann ich dies nur bestätigen und die Tendenz ist weiter steigend.


Sind Sie auch betroffen? - dann brauchen Sie uns - wir finden für Sie die Ursache!

Wenn man keine offensichtliche Mängel an an der Gebäudehülle fetstsellen kann, müssen andere Ursachen vorliegen, die ein Pilzwachstum begünstigen.


Warum kommt es zu dieser Entwicklung?  /  Warum nimmt der Schimmelpilzbefall in Wohnräumen so stark zu?

Um diese Frage beantworten zu können, betrachten wir zunächst in einem kurzen Abriss die Entwicklung des Bauens in den letzten Jahrzehnten:
Bis zum 2. Weltkrieg gab es – je nach geografischer Lage – Einzelöfen, Kachelöfen oder Hypokaustenheizung. Es wurde so geheizt, dass mittags und/oder abends zumindest die „Stube“ warm war. Dabei gab es in den Häusern oder Wohnungen die unterschiedlichsten „Wärmezonen“ – von sehr warm in Ofennähe bis völlig unbeheizt; das individuelle Wärmebedürfnis der Bewohner wurde durch Aufenthalt in entsprechenden Zonen, durch Bewegung oder Kleidung geregelt. Doppelverglasung gab es nicht, die Fenster waren mehr oder weniger undicht, ließen also eine ständige Luftzirkulation zu.

Außerdem setzte man damals Kalkfarben und Kalkputze ein, die durch ihre Alkalität pilzwidrig waren. Es gab daher vergleichsweise wenige Erkrankungen im
Verhältnis zu den möglichen Gefahren durch Bakterien und Schimmelpilze. Bis in die 80er-Jahre gab es keine Anforderungen an den Wärmeschutz eines
Gebäudes (außer dem Mindestwärmeschutz aus hygienischen Gründen nach DIN 4108). Je nach Lage des Hauses und der regionalen Baukultur wurde ein
Wärmeschutz eingebaut – wie z. B. Heraklithplatten in Betondecken – der einen gewissen Mindestwärmeschutz sicherstellte (siehe auch DIN 4108 von
1956). Durch die Einführung der ersten Wärmeschutzverordnung wurden höhere Ansprüche an die wärmedämmende Hülle der Gebäude gestellt. Gleichzeitig
wuchsen die Ansprüche der Nutzer an die Wohnräume: größer, heller, schöner, bequemer, sich selbst regulierend usw. Auch das Nutzerverhalten änderte sich
mit der Zeit: Der Anteil der „Zweitverdiener“ wurde größer, die Räume wurden tagsüber weniger genutzt.
Die Gebäudehülle veränderte sich anfänglich an den Fenstern (Doppelverglasung) sowie teilweise im Dachbereich. Damit ging die Änderung der Heizung von
Einzelöfen (Holz, Kohle, Öl, Gas) zur Zentralheizung mit Heizkörpern (in Heizkörpernischen) einher.

Die Zentralheizung machte es erstmals ohne großen Aufwand möglich, die ganze Wohnung zu beheizen. Wurde es zu warm in der Wohnung, öffnete man einfach die Fenster. Dadurch konnten auch Keime, Bakterien und Viren nach außen befördert werden. Das Bewusstsein, die Temperatur über Heizkörperventile zu regeln, d. h. „Energie zu sparen“, war anfänglich noch nicht vorhanden. Feuchte Wände und Pilzbefall gab es in nennenswertem Umfang nur in schwach oder gar nicht beheizten Räumen, z. B. in unbeheizten Schlafzimmern; darum wurden in früheren Zeiten tagsüber Bettdecken auf das Fensterbrett gelegt; denn die Wärmestrahlung der Sonne trocknet die Wäsche und der UV-Anteil des Sonnenlichtes tötet Krankheitserreger ab.

Durch „Dauerheizen“ wurde die relative Luftfeuchte erheblich niedriger, als dies vorher der Fall war. Die zu trockene Luft wurde nun durch Luftbefeuchter wieder aufgefeuchtet. Damit aber tauchten weitere Probleme auf: Durch warmes, stehendes Wasser wird ein Luftbefeuchter zu einer hervorragenden Bakterien- und Keim-Kultur-Anlage, die durch langsame Verdunstung Mikroorganismen an die Raumluft abgibt. Die seinerzeit verwandten „Wasserschiffe“
in den Küchenherden waren wärmer. Zumindest einmal am Tag wurden sie über 60 °C erhitzt und Keime und Bakterien zum größten Teil abgetötet.

Nach der ersten Energiekrise kamen dann Thermostatventile an die Heizkörper, die mittlere Raumlufttemperatur sank wieder beträchtlich. „Energiesparfenster“ mit Doppelverglasung, Dichtungsprofilen im Flügelrahmen und Einhandbedienung wurden eingebaut. Mit diesen Änderungen weiteten
sich die Probleme mit feuchten Wänden und Pilzbefall in beträchtlichem Maße aus, übergreifend auf alle Wohnräume.

Was geschah nun durch diese Änderungen aus der Sicht der Bauphysik? Warum tauchten nun plötzlich diese Probleme auf?
Folgende (technische) Einzelmaßnahmen waren durchgeführt worden, ohne die Konsequenzen zu erkennen oder zu berücksichtigen:

• Die Strahlungsheizung (Ofen) wurde durch einen (Konvektions-)Heizkörperersetzt,
• die „Abluftanlage“ Ofen/Schornstein wurde abgeschafft, die „undichten Fenster“,die ehemals die Zuluft gewährleisteten, wurden „verstopft“,
• die bisherige Einfachverglasung, die „Kondensatfalle“, wurde gleichzeitig mitder Fenstererneuerung abgeschafft,
• das Dämmen der obersten Decke bzw. der Dachausbau erfolgte nahezu luftdicht(Heraklith mit Putz),
• die frei stehenden Schränke wurden durch Einbaumöbel ersetzt, die, vor Außenwändenaufgebaut, eine Innendämmung bilden.

All diese Veränderungen führten zu folgenden Resultaten:
1. Durch den Austausch der Öfen gegen zentrale Heizungsanlagen änderte sich die Raumlufttemperatur. Bezogen auf die gesamte Wohnung stieg sie erheblich an. Ursachen dafür waren:

• Ersetzen der Wärmestrahlung des Ofens durch „heiße Luft“ der Konvektionsheizkörper; Beispiel: Bei Sonne und Windstille wird die langwellige Sonnenstrahlung auch bei ±0 °C als angenehm warm empfunden. Um eine gleiche Behaglichkeit mit der Konvektionsheizung zu bewirken, benötigt man eine Lufttemperatur zwischen 18 °C und 22 °C. Das Beispiel verdeutlicht, dass Wärmestrahlung unabhängig von der Lufttemperatur ist und immer wärmt,

• Durchheizen in der Nacht – eine „Nachtabsenkung“ gab es anfänglich nur durch Drehen des Rades am Heizkörper, das aber durch Möblierung bedingt oft nur schwer erreichbar war und deswegen kaum benutzt wurde,

• der Austausch der „zugigen und kalten Fenster“ gegen Doppelverglasung oder zumindest gegen „zugfreiere Konstruktionen“.

2. Durch den Austausch undichter Fensterkonstruktionen gegen fugendichte und wärmeschutzverglaste Fensteranlagen wurden „Entlüftungsöffnungen“
der Gebäudehülle geschlossen. Durch Zumauern des Kaminzuges und durch den nahezu dichten Ausbau der obersten Geschossdecke bzw. des Daches
„verbaute“ man zusätzlich Wege der natürlichen Be- und Entlüftung. Alle vorab erwähnten Veränderungen schufen die Voraussetzungen für eine Erhöhung der Raumluftfeuchte und ihren Verbleib in der Wohnung.

3. Durch die Veränderung der Heizung und der Raumlufttemperatur wurde die absolute Menge Wasser (als Wasserdampf ) in Gramm pro Kubikmeter Luft
erhöht, denn wärmere Luft nimmt mehr Feuchtigkeit auf als kühle Luft. Gleichzeitig konnte sich Feuchtigkeit nicht mehr in großen Mengen als Kondensat
an den Scheiben niederschlagen. Schließlich wurde die „Lüftungsanlage“ abgeschaltet, die bis zu diesem Zeitpunkt die verbrauchte, warme und feuchte Luft „entsorgt“ hatte. Der „Abluftmotor“ Schornstein wurde zugemauert, die Zuluftöffnungen der Fensterspalten und Leichtbaufugen (Dach, Türen etc.) wurden geschlossen. Kalte Bauteile wurden nicht mehr per Wärmestrahlung aufgeheizt und kühlten daher stärker aus.

4. Die Frischluftzufuhr bzw. der Luftaustausch wurde drastisch reduziert. Wärmetechnisch gesehen waren diese Maßnahmen sicherlich sinnvoll, aus
hygienischer und feuchtetechnischer Sicht ergeben sich jedoch ernst zu nehmende Probleme.

5. Neue und zusätzliche Nasszellen, Duschen und Badewannen mit jederzeit verfügbarem warmen Wasser wurden eingebaut, wodurch die Gesamtfeuchtelast weiter erhöht wurde.

6. Früher gab es ein paar Topfpflanzen im Wohnzimmer und sonntags einen Strauß Blumen auf dem Küchentisch, heute ist eine üppige Pflanzenwelt in
vielen Wohnungen Standard. Dies sind – neben Aquarien und Haustieren – nicht zu vernachlässigende, zusätzliche Feuchtelasten für Innenräume.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es vier Hauptgründe für die starke Zunahme der Luftfeuchte in Innenräumen gibt:

a) fehlende Kondensationsmöglichkeit überhöhter Luftfeuchte,
b) zusätzlicher Feuchteeintrag
c) zusätzliche Nasszellen und
d) geringere Lüftung.

Da die Kondensatfläche „Fenster“ nicht mehr vorhanden war, suchte die Feuchtigkeit „neue“ Wege – und kondensierte an den nun kältesten Flächen.
Dabei handelt es sich um:
• Wärmebrücken, material- oder konstruktionsbedingt,
• schlecht gedämmte Bauteile, wie z. B. Heizkörpernischen, sofern der Heizkörper nicht genutzt wird,
• Bauteilflächen, an denen kalte Luft entlang strömen kann, z. B. Fensterlaibungen bei Kippstellung der Fenster,
• Bauteilfugen mit von innen nach außen strömender, feuchter Warmluft,
• Einbaumöbel oder Schränke ohne Hinterlüftung, die faktisch eine Innendämmung bilden.

Selbst bei relativ trockener Luft (bereits ab ca. 35 % relative Feuchte) können an diesen Schwachpunkten verstärkt Feuchtigkeitsprobleme auftreten, da sich
an den kalten Wandoberflächen die relative Luftfeuchte stark erhöht. Abhängig vom Unterschied zwischen Raumluft- und Oberflächentemperatur
kann die relative Luftfeuchte an Fensterlaibungen 80 % oder mehr betragen. Es kam, wie es kommen musste, wenn nur Einzelaspekte berücksichtigt und
berechnet werden: Menschen und Gebäude wurden krank – und das gilt unverändert bis heute.

(Quelle Schimmelpilzschäden, Erkennen, bewerten, sanieren (3. üerarbeitete Auflage) TÜV Media)